Mara Santidrián Korff
•16 März 2022
Beiratsinterview mit Michael von Röder
Michael begleitet Applysia seit Juli 2021 als Mentor. Seit November 2021 ist er Teil unseres Beirates und somit das neueste Mitglied. Michael war er in verschiedenen Unternehmen für das Thema User Experience, Digitalisierung und digitale Transformation zuständig, aktuell ist er Chief Digital Officer bei der Elia Group. Zudem investiert er seit 2011 in Startups im Bereich nachhaltige Energien sowie Mobile und FinTech.
Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in diesem Bereich, haben wir mit Michael über Digitalisierung und Nachhaltigkeit und die Verbindung beider Themen in Startups und etablierten Unternehmen gesprochen.
Frage 1: Wie sieht die Digitalisierungsbereitschaft und Nachhaltigkeitsbereitschaft bei Startups und bestehenden Unternehmen aktuell aus?
Die meisten Startups sind von Anfang an digital. Bei etablierten Unternehmen ist es branchenabhängig, beispielsweise gibt es in der Telekommunikationsbranche oder im Finanzwesen eine hohe Digitalisierungsbereitschaft. Im Bereich Energien hingegen weniger, zwar sollten die Unternehmen digitalisierungsbereit sein, da spalten sich aber noch die Meinungen. Das ist auf jeden Fall ein Thema des Change Managements. Die Nachhaltigkeitsbereitschaft ist dagegen eher hoch. Meiner Meinung nach haben alle Unternehmen verstanden, dass das nicht nur faktisch wichtig ist, sondern auch für ihren Marktauftritt eine entscheidende Rolle spielt, die ihnen vor allem Kosten einspart. Für ein Unternehmen sind die ökonomischen Antriebe mit am stärksten, sich nachhaltig zu entwickeln.
Frage 2: Wieso ist es wichtig, dass sich Startups in diesem Jahr 2022 nachhaltig gründen oder Unternehmen auf Nachhaltigkeit umstellen?
Die Wichtigkeit der Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitskriterien und -richtlinien nimmt immer mehr zu, sowohl für Startups als auch für etablierte Unternehmen. Für ein Startup bestehen jedoch mehr Hürden, um alle Kriterien einhalten zu können, beispielsweise im Thema Diversity – bei 3 Mitarbeitenden ist das dann immer noch sehr einzelfallbasiert. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, dass ein Startup von vornherein Nachhaltigkeit in die Entscheidungsfindung mit einbezieht. Dabei geht es nicht darum, von Anfang an alle Kriterien zu 100 Prozent zu erfüllen, sondern eher darum den Aspekt Nachhaltigkeit in der Unternehmenskultur von Anfang an zu verankern. In der dynamischen Unternehmensentwicklung, kann dabei der Nachhaltigkeitsaspekt schnell in den Hintergrund geraten, weswegen es wichtig ist, ihn aktiv zu integrieren. Das Jahr 2022 ist dabei eigentlich schon fast zu spät. Viel eher sollte es heißen: spätestens jetzt.
Frage 3: Man hört immer, dass der Strombedarf von Anwendungen gigantisch ist. Als Beispiel dient häufig, dass Netflix mehr Strom als Dänemark verbraucht. Gerade jetzt mit dem Strommix in Deutschland, der noch Co2 intensiv ist, wie sehr sind Digitalisierung und Nachhaltigkeit Gegensätze?
Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind keine Gegensätze. Zwar stimmt der Vergleich von Netflix und Dänemark, jedoch ist es so, dass die meisten Data Center-Betreiber jetzt schon (zumindest bilanziell) grünen Strom nutzen. Die Anfragen die uns als Netzbetreiber erreichen, sind praktisch alle damit verbunden, dass es “echter” grüner Strom sein soll. Momentan arbeiten wir noch daran, das dann auch pro Zeitintervall ausweisen zu könne, also z.B. sagen zu können, dass in dieser Viertelstunde ausschließlich grüner Strom fließt. Alle großen Cloud-Provider bieten heutzutage schon sogenannte “steuerbare Lasten” an, die es ermöglichen beispielsweise bestimmte Projekte nur durch Strom aus Sonnenenergie laufen zu lassen – und energie-intensive Prozesse dann durchzuführen, wenn genug Grünstrom da ist.
Frage 4: Welche Rolle spielt Nachhaltigkeit für Kund*innen und Nutzer*innen?
Meiner Meinung nach ist das noch sehr demographieabhängig. Ich glaube es spielt dennoch für die Mehrheit der deutschen Kund*innen eine Rolle und rückt für viele in den Vordergrund, d.h. es entwickelt sich stark zum Entscheidungsgrund für oder gegen einen Service oder ein Produkt. Ich bin mir jedoch unsicher, welche Rolle die Preisgestaltung in der Bevölkerung spielt und ob sie bereit wären, deutlich mehr für ein nachhaltiges Produkt zu bezahlen.
Frage 5: Inwiefern kann Digitalisierung eine Art „Game-Changer“ für die nachhaltige Entwicklung von Unternehmen aber auch der Gesellschaft sein?
Ein simples Beispiel wäre, dass durch die Digitalisierung der Papierverbrauch automatisch zurückgeht. Ich würde sagen: Digitalisierung ermöglicht eine engere Vernetzung von Unternehmen mit dem Ökosystem. Damit werden in der Wertschöpfungskette Effizienzgewinne ermöglicht, die zur Nachhaltigkeit beitragen. Zum anderen fangen Unternehmen zunehmend an, ihre Nachhaltigkeit bzw. ihren CO2-Fussabdruck zu tracken. Größere Unternehmen müssen dies sogar bald verpflichtend tun. So eine Art von Tracking und Reporting ist nur durch die Digitalisierung möglich; mit Papier und Bleistift oder klassischen Excel Tabellen ist das völlig unvorstellbar. Das ist ein Beispiel, wie digitale Tools Nachhaltigkeit ermöglichen.
Vielen Dank für das Gespräch, Michael!
Mehr über Michael findet ihr hier. Alles rund um Applysia und eine digitale und nachhaltige Personalauswahl findet ihr unter www.applysia.de.