Mara Santidrián Korff

27 Juli 2022

Beiratsinterview mit Katrin Sünderhauf

Katrin ist seit 2003 bei der Deutschen Bahn und seit drei Jahren Head of Recruiting Principles, Global Recruiting und Global Recruiting IT. Als Arbeits- und Organisationspsychologin ist sie Expertin für  Personalauswahl und -entwicklung verschiedener Branchen sowohl im In- als auch im Ausland. Ihre Aufgaben als Personalverantwortliche und Recruiterin erstrecken sich von der Personalbeschaffung und -gewinnung bis zum Change Management in der Organisation. Als Head of Recruiting ist sie außerdem für ein Team aus ca. 50 Mitarbeiter*innen verantwortlich. 

Wir haben mit Katrin über modernes digitales Recruiting in Zeiten von Corona und im digitalen Wandel gesprochen. Außerdem haben wir nachgefragt, wie die Deutsche Bahn ihre Personalsuche nach einer großen Zahl an Mitarbeiter*innen angeht. 

Frage 1: Es gibt für Bewerber*innen und Unternehmen immer mehr Möglichkeiten zueinanderzufinden. Sind konventionelle Stellenausschreibungen in den Karrierebeilagen der Tageszeitungen und Online-Portalen noch effektiv und sinnvoll?

Mit nur einem Klick zum neuen Job – das ist unsere Devise. Noch vor wenigen Jahren war das Inserieren vakanter Positionen in Tageszeitungen nicht wegzudenken. Inzwischen bieten verschiedene Internetplattformen, von Online-Stellenbörsen bis Social Media jedoch mehr Flexibilität und sprechen die Zielgruppen übergreifend deutlich mehr an als (über-)regionale Zeitungen. Online-Anzeigen auf externen Plattformen, Social-Media-Kanälen oder unserem unternehmenseigenen Karriereportal ermöglichen uns ein schnelles, unkompliziertes sowie zeit- und kostenoptimales Schalten unserer Ausschreibungen. Neben der passgenauen Zielgruppenansprache ist die Reichweite unserer Online-Anzeigen ebenso stärker. Annoncen in Tageszeitungen werden seltener genutzt – eigentlich nur, um regional bestimmte Zielgruppen anzusprechen.

Frage 2: Wie sucht man Mitarbeiter *innen in so großer Zahl und in diesen Zeiten bei der Deutschen Bahn?

Als Deutsche Bahn legen wir großen Wert auf eine positive Candidate Experience und stellen uns den neuen Marktanforderungen durch neue Bewerbendenbedürfnisse. Von One-Click-Bewerbungen, in dem das berufliche Profil aus Karrierenetzwerken, wie Xing und LinkedIn, direkt in unsere Datenbank importiert werden kann, wenn der Bewerbende es möchte, bis zum Ausführen von virtuellen Vorstellungsgesprächen und Assessments und hin zu Mitarbeitendenbetreuung. Ich denke, wir haben neue Standards für einen renommierten Arbeitgeber*innenauftritt geschaffen.

Neben zielgerichtetem Employer Branding, ist es uns auch wichtig, die Hürden für einen möglichen Einstieg bei uns so gering wie möglich zu halten. Wir etablieren immer mehr Quereinstiegsmöglichkeiten, und sehen großes Potential in unserem Programm „Mitarbeitende werben Mitarbeitende“. Darüber hinaus kooperieren wir mit Schulen und der Bundeswehr und präsentieren uns auf Online- und Präsenzmessen. Ziel aller Aktivitäten ist es, uns die Möglichkeit zu verschaffen, zu besetzende Positionen zielgerichtet zu platzieren. Weitere Erfolge sehen wir in unseren internationalen Personalgewinnungsaktivitäten durch unsere Cross Border-Abteilung und dem Toolkit für freiwerdende Arbeitsmarktpotenziale. Das ermöglicht Mitarbeitenden insolventer Firmen auf unseren Zug aufzuspringen. Vor allem durch das in der Pandemie verstärkte Verständnis von Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie und flexiblem, ortsunabhängigem Arbeiten, ist der Wunsch nach Remote Work stärker ausgeprägt als je zuvor. Mit dem „Wo Du Willst-Job“ können Bewerber*innen nun auf den Karriereseiten der Deutschen Bahn und den einschlägigen Portalen unkompliziert Stellen finden, die für mobiles Arbeiten ohne Weiteres infrage kommen.

Frage 3: Welche Anpassungen in Recruitingprozessen hat die DB dieses und letztes Jahr aufgrund von Corona vorgenommen?

Wichtig war eine schnelle und konsequente Reaktion auf die aktuelle Situation, um verantwortlich mit der Gesundheit aller umzugehen. Innerhalb kürzester Zeit haben wir daher den gesamten Prozess der Personalgewinnung in die virtuelle Welt übertragen. Die virtuelle Kommunikation kann den persönlichen Kontakt zwar nicht vollständig ersetzen, doch bietet sie uns aktuell eine wertvolle und funktionierende Alternative. Wir werden aber natürlich wieder verstärkt auf persönliche Kontakte setzen, sobald es die Lage zulässt.

Frage 4: Welche Relevanz hat gutes Recruiting und gute Personalauswahl im digitalen Kontext? Eignungsdiagnostik auf Distanz – Geht das überhaupt?

Eine qualitativ hochwertige Bewerbendenauswahl ist unser Anspruch. Für die virtuelle Durchführung mussten wir unsere bestehenden eignungsdiagnostischen Verfahren überarbeiten, um sie im digitalen Raum anwenden zu können. Seitdem sind Videointerviews und Remote Assessments und virtuelle Fachtests und Disponentenchecks auf dem Vormarsch. Hierbei war es von großer Bedeutung, die Interviewten mit der neuen Situation vertraut zu machen, technisch zu unterstützen und auch virtuell einen angenehmen und vertrauten Rahmen zu schaffen. Nach zwei Jahren ziehen wir die Bilanz, dass virtuelle Auswahlverfahren ebenso zum Erfolg führen, wie Vor-Ort-Gespräche.

Frage 5: Was kann HR aus anderen Bereichen vielleicht noch lernen?

Als Team der Personalgewinnung blicken wir gespannt in die Zukunft und sind immer auf der Suche nach digitalen Trends. Wir wollen mehr Raum für Neues schaffen und dekcen wir durch das DB-interne Innovationslab immer wieder neue Ideen auf, von denen wir als Personalgewinnung profitieren. Getreu dem Motto „sharing is caring“ versuchen wir, dem geballten Wissen unserer Mitarbeitenden Raum zu geben, zu fördern und zu teilen.

Danke für das Gespräch, Katrin!

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